Auswandern auf Zeit – ein Experiment

Dezember 1, 2018 Fotoessay

Minusgrade in Berlin, 22 Grad auf der kanarischen Insel Fuerteventura. Die Idee ist einfach- ich habe für die Zeit von Dezember bis Mitte März ein Appartement in Costa Calma gemietet, 500m vom Strand entfernt. Meinen Massagetisch habe ich im Gepäck, sowie das Zeichenzeug. Ich will die Kosten für die Überwinterung heraus arbeiten. Wie gewohnt ist im Kopf alles leichter, als im Leben. Wie es mir geht, könnt ihr hier nachlesen.

WORK IN PROGRESS—–

 

Tag 1

Um die Gegend kennen zu lernen, und wer sich so herum treibt, verbringe ich den Tag mit einer ausgedehnten Wanderung am Strand.

 

Tag 2

Testphase und Werbemassnahmen:  Im Copy Shop lasse ich mein Angebot ausdrucken. Der hilfsbereite Inhaber bietet an den Zettel in seinem Laden aufzuhängen und ermutigt mich auf der Straße weitere zu kleben. Anfragen in den Hotels gehen ins Leere. Sie arbeiten mit den ansässigen Masseuren zusammen und haben keinen Bedarf. Ich bin etwas entmutigt, bzw. mir graut vor der Kundenakquise. Das ist allerdings auch in Berlin der Fall.

 

 

Tag 3

Ich zeichne mein erstes Bild in El Pared und bedauere meine abgespeckte Packversion die das Metallineal, Schneidematte und Co aussortiert hat. Ich werde nicht drum herum kommen diese Werkzeuge zu besorgen, wenn ich präsentierbare Bilder haben will. Ausserdem komme ich mit einem österreichischen Bauunternehmer ins Gespräch der seit 30 Jahren auf der Insel lebt. Er motiviert mich gute Arbeit zu leisten und am Ball zu bleiben. Das zahlt sich auch auf den Kanaren aus.

 

 

Tag 4

Morgens ist es bedeckt, ideal um die Massage mit dem Stuhl am Strand anzubieten. Ich stehe eine Weile herum, während die Urlauber an mir vorbei laufen. Dann kommt eine Frau auf mich zu und bekundet Interesse. Ihr folgt eine weitere. Mein Tag ist gerettet, die Einnahmen sind nicht der Rede wert, aber ich sehe eine Möglichkeit voran zu kommen. Ein guter Hinweis von einer „Kundin“ war zudem die Spaziergänger nicht direkt anzusprechen, sondern kommen zu lassen. Entspannter für beide Seiten.

 

Sabrina Krabbenhoeft

 

Tag 5

Zwei Mal pro Woche ist Markt in Costa Calma. Dort wird vor allem Schmuck und Kleidung angeboten. Eine Familie massiert wahlweise auf dem Tisch oder Stuhl. Die Gruppe setzt eher auf Show, bei den Besuchern kommt es teilweise gut an. Ich zahle 20€ für einen schattigen Platz für mich und meinen Hocker. Mir ist klar, das ich unter-organisiert bin, beschliesse aber es auf den Versuch ankommen zu lassen. Meine Standnachbarn sind Jutta, eine Deutsche die seit 4 Jahren auf der Insel lebt und Schmuck verkauft, und Claudia die sich für den Tierschutz einsetzt. Von ihnen bekomme ich Tipps und Hinweise, auch ein möglicher Job in einem Spa ist dabei. Auf dem Markt geht mein Angebot fast unter. Fazit: Guter Ort für Kontakte. Um Geld zu verdienen muss die Liege her, oder ein anderes Produkt.

 

 

Aktueller Arbeitsplan: Vier Mal pro Woche massiere ich von ca 10.00-12.30 Uhr am Strand. Das Zeichnen rückt, um mehr Raum zum wandern zu haben, in den Hintergrund.

 

 

Tag 6

Eigentlich hatte ich einen freien Tag mit David geplant. Er wohnt seit einem Jahr im Norden der Insel. Wir kennen uns seit 3 Jahren durch ein gemeinsames Workaway. Seitdem stehen wir in regem Email Kontakt und schmieden Pläne aller Art. Während wir am Strand spazieren klingelt das Telefon, und ich habe eine erste Anfrage für eine Massage auf der Liege! Ein bisschen verrückt ist das schon:-)

 

Vorbereitungen

7.Tag

Ich bin seit einer Woche auf Fuerte und habe ein seriöses Jobangebot in einem Naturheilzentrum im Süden der Insel. Das Vorstellungsgespräch verlief rasant: Ich kann so oft arbeiten wie ich will, am Besten sofort. Die Räume sind hell und angenehm eingerichtet. Die Bezahlung im ersten Jahr (ja, die Anstellung wurde über mehrere Jahre gesehen) liegt etwas zu niedrig für meinen Geschmack, aber bei dem erwarteten Ansturm an Gästen sollte die Erfahrung dies ausgleichen. Auswandern wird zur Option.

 

Massageraum Fuerte

 

Und jetzt? Warten auf Arbeit…(Anmerkung: Hier im OrthoNat wird standardmässig im Kleid massiert:-)

Fazit nach 3 Wochen:

Die Massagebank habe ich umsonst mitgenommen. Bereits nach einer Woche wurde mir von der „Präsidentin“ des Appartementkomplexes untersagt „gewerblich“ auf meiner Terasse zu arbeiten.  Die Arbeitsmenge im Naturheilzentrum ist unvorhersehbar und noch in der Testphase. Am Besten funktioniert, belustigenderweise, die „Strandmassage“ auf meinem weißen Hocker. Das Zeichnen stelle ich derweil zurück. Von Mitte Dezember bis Mitte Januar habe ich Besuch und schlichtweg keine Zeit.


Sturm im Paradies

Die Massage im Naturheilzentrum habe ich gestrichen. Aufwand und Einkommen halten sich nicht die Waage.

Ein disziplinierter Arbeitsalltag mit festen Arbeitszeiten am Strand hilft mir jedenfalls mit Flauten und Erfolgen umzugehen. Es bringt bei meinem Experiment wenig mich täglich zu fragen, ob das was ich tue das Richtige ist, oder was ich anders machen könnte. An einigen Tagen scheinen die Menschen auf Massage zu warten, an anderen stehe ich mir die Beine in den Bauch.

Fuerteventura ist eine Insel zum leben, weniger zum arbeiten. Um die Kosten für das Appartement und Haltungsausgaben aufzubringen brauche ich langfristig eine Möglichkeit für meine Massagebank. Das „Einsammeln“ von Massagen am Strand ist etwas mühsam. Auch die Alternative, die Urlauber liegend im Sand zu massieren, gefällt mir nicht. Mein Fazit ist daher: Verbesserungsfähiges Projekt, aber definitiv erfolgreich da Sonne statt Winter:-)

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