Unterwegs auf dem West Highland Way – 154 km, von Milngavie bis Fort William
Der West Highland Way war der erste offizielle Wanderweg Schottlands, eingeweiht 1980. Er führt durch die Low,- und Highlands und ermöglicht einen Einblick in die Vielfalt der schottischen Landschaft.
Begangen werden kann der WHW in beiden Richtungen. Empfohlen wird es allerdings, den Weg von Süd nach Nord zu wandern. Das liegt vor allem am nicht zu unterschätzenden Wetter. Der Wind bläst meistens aus West/Südwest, und der Regen kommt damit eher von hinten. Außerdem nimmt der Schwierigkeitsgrad gen Norden zu, und so bleibt etwas Zeit um Kraft und Kondition aufzubauen.
Es ist Mai, und ich fahre mit dem Zug von Glasgow in 30 Min bis Milngavie. Zahlreiche Schilder und Bilder weisen auf den Startpunkt des Weg hin. Das Gewicht meines Rucksacks beträgt 6,5 kg, inklusive Zelt, aber ohne Proviant. In Schottland gilt das „Jedermannsrecht“, d.h. es ist ausdrücklich erlaubt in der Natur wild zu zelten. Es bieten sich allerdings auch zahlreiche Campingplätze an. Wer es komfortabel haben möchte, sollte sein B&B, oder das Hotelzimmer, vorab buchen. Gerade in den Sommermonaten kann es zu Engpässen kommen.
Mit mir auf den Weg machen sich etwa 10 weitere Wanderer. Es dauert eine Weile bis wir die Stadt hinter uns lassen, rundherum sehen wir auf sanfte Hügel und die Weiden der Lowlands. Daniel aus Potsdam hat sich vier Wochen Zeit genommen um durch Schottland zu ziehen. Der West Highland Way ist nur ein Teil seiner Reise. Robert, aus Meppel/Niederlande, ist Triathlet, dies wird aber seine erste längere Wanderung. Er will im Anschluß den Ben Nevis, Schottlands höchsten Berg (1345m), besteigen. John und sein Vater Lee, aus England, unternehmen die Tour als gemeinsames Projekt unter Männern. Nach und nach zieht sich die die Gruppe auseinander, und jeder folgt seinem eigenen Tempo. Die meisten Wanderer benötigen für den gesamten Weg 6-8 Tage.
Der West Highland Way ist grundsätzlich sehr gut mit dem Symbol einer weißen Lilie beschildert. Als ich mir, in Vorbereitung auf die Reise, Berichte über die Strecke durchlese, bekomme ich den Eindruck, der Weg benötige lediglich den Willen einen Fuß vor den anderen zu setzen um ihn zu bewältigen.
Tatsächlich zeigt sich das Wetter unberechenbar. An zwei aufeinander folgenden Tagen regnet es. Der Boden ist aufgeweicht. Es entstehen gefährlich rutschige Passagen auf den Felsen. Meine Schuhe sind nass, das Zelt feucht, und es wiegt deutlich mehr.
Beim Wandern in Schottland drei von vier Jahreszeiten an einem Tag zu erleben, ist übrigens keine Seltenheit und führt zum dauernden Kleidungswechsel. Kaum hat man die Regenjacke angezogen, scheint wieder die Sonne. Wer auf der Wanderung sein Gepäck nicht selbst tragen möchte, kann auch etappenweise den Gepäcktransport nutzen. Dabei wird der Rucksack für 7 Pfund von A nach B transportiert. Man benötigt lediglich eine Buchung für den Abhol,- und Ankunftsort.
Als ich den heutigen Campingplatz erreiche, sagt mir der Verwalter, dass das Grasfeld unter Wasser steht und zelten kaum möglich ist. Statt dessen bietet er mir eine „Trekker Hütte“, mit Bett und Heizung, an. Ich könnte ihm um den Hals fallen vor Erleichterung.
Mehrmals wundere ich mich über das geringe Angebot an Gastronomie. In Inversnaid, am Loch Lomond, dem größten See des Landes, gibt es nur ein Hotel. Ich hoffe, nach einem beschwerlichen Wanderstück, auf ein warmes Mittagessen. Aber man sagt mir, dass es nur Getränke und Kuchen gibt. Der Grund ist so einfach, wie absurd. In den Tagen zuvor wurde ein Mittagstisch angeboten was zu einer 20m langen Schlange an hungrigen Wanderern führte. Da im Hotel Personalmangel herrscht, konnte die Küche der Anfrage kaum gerecht werden. Die Begründung, wie es zu einem solchem Mangel an Service kommen kann, ist, wie so oft, die Folge der Corona-Pandemie, aber auch die „gotttverlassene Lage“ dieser Hotels. Schottland hat eine Einwohnerzahl von 5,5 Millionen. Der Löwenanteil seiner Bewohner lebt in Glasgow oder Edinburgh. Wenige Menschen ziehen freiwillig an einen Ort von dem auch der nächste Supermarkt 40 km entfernt liegt.
Auf der letzten Etappe müssen des Teufels Treppen (Devil’s Staircase) überwunden werden. Der abschüssige, schmale Pfad erhielt seinen Namen schon im 18. Jahrhundert, als britische Soldaten Material für den Bau einer Straße herauf tragen mussten. Mit 584 Metern stellt der Berg den höchsten Punkt des West Highland Way dar. Ich habe Glück und kann in der Ferne den Ben Nevis sehen. Hier oben ist nur der Wind, ansonsten Stille. Vom Gipfel aus schlendere ich von nun abwärts bis Kinlochleven. Das Örtchen hat einen Glamping-Platz. Laut Definition „vereinen sich Camping und Glamour zu einem angenehmen Ganzen…“
Nach sieben Tagen, und sechs Nächten im Zelt, erreiche ich Fort William. Ich beziehe mein Hotelzimmer und steige am Morgen in den Bus nach Glasgow. Die Fahrt geht direkt zum Flughafen. Ein bisschen traurig ist es schon das Land wieder zu verlassen.
Bravo Sabrina !It was a great and beautiful trek . Specially to carry a tent ,with just 7kg . I dont know how to travel so light !
Richard
trekkingzone.fr