Fällt Ihnen zu Hause in der dunklen Jahreszeit die Decke auf den Kopf? Dann ziehen Sie sich warm an und raffen sich auf, um dem Weihnachtsdorf in Abbehausen einen Besuch abzustatten. Schon der Weg von Nordenham ins Nachbardorf hat es in sich.
Es herrscht klirrende Kälte an diesem Mittwochabend. Trotzdem stehen einige Unerschrockene am Güterbahnhof von Nordenham. Sie warten auf die Tschu-Tschu-Bahn, die sie von der Nordenhamer Innenstadt nach Abbehausen zu Udo Venemas Weihnachtsdorf bringen wird.
Mit dem Zug durch die Stadt
Pünktlich zur vollen Stunde biegt der Zug um die Ecke der Bahnhofstraße in die Müllerstraße ein. Die einfache Fahrt kostet 2 Euro. In den Waggons ist es zum Glück mollig warm. Im Hintergrund läuft dezent ein Radioprogramm mit Weihnachtsklängen. Es ruckelt und zuckelt, die Bahn setzt sich in Bewegung.
Mit einer Geschwindigkeit zwischen 20 und 30 Kilometern pro Stunde bewegt sich der Zug durch die Stadt, vorbei an den bunt geschmückten und leuchtenden Fenstern ihrer Bewohner. An der nächsten Haltestelle am Freizeitbad Störtebeker, steigen weitere Gäste zu. Sie schwelgen während der Fahrt in Vorfreude auf ein heißes Getränk und den Bummel unter freiem Himmel.
Besucher wärmen sich am Glühwein
Nach dreißig Minuten erreicht der Zug die Gaststätte Butjadinger Tor. Ein Spalier aus Lichtbögen führt die Besucher zu ihrem Ziel. Die Farben im Weihnachtsdorf gehen von gedämpftem Grün zu Gelb,- und Rottönen über. Es würde sich niemand wundern, wenn zwischen den Tannen Elfen mit ihren Harfen säßen und an ihren Instrumenten zupften.
Der Vorteil eines Besuches unter der Woche zeigt sich an dieser Stelle am deutlichsten: Es herrscht eine andächtige Stimmung. Der Blick schweift ungestört über die liebevoll gestalteten Hütten. Nichts ist aufdringlich oder laut.
Lediglich an der Glühwein-Bude und den Ständen mit Bratwurst und Kartoffel-Gerichten stehen kleinere und größere Gruppen gemütlich beisammen. Die Gäste wärmen sich gegenseitig und genießen das sie umgebende Ambiente. Familien und Paare schlendern an handgefertigten Schmuckstücken, Bienenwachskerzen und filigran geschnitzten Holzhäusern, die mit einem batteriebetriebenen Teelicht von innen beleuchtet werden, vorbei.
Wünsche der Verkäufer wurden 1:1 umgesetzt
Rainer Girrulat und seine Frau Sibylle Ober bieten an ihrem Stand selbstgemachte Rumtrüffel, Marmeladen, Wichtel und verschiedene Liköre an. Die Burhaver sind zum zweiten Mal beim Weihnachtsdorf dabei. Für ihre Hütte zahlen sie 100 Euro pro Woche.
Eigentlich sollte seine Frau hier heute stehen, sagt Rainer Girrulat, aber die sei krank geworden. Nun springt er für sie ein. Er lobt die Veränderungen, die Udo Venema, auch auf Wunsch der Anbieter, seit dem ersten Weihnachtsdorf umgesetzt hat.
So wurden die Frontklappen der kleinen Buden mit hydraulischen Hebern ausgestattet. Vorher mussten sie mit reiner Muskelkraft angehoben werden und gestaltete sich teilweise schwierig. Neu ist auch, dass die Essensbuden über das ganze Weihnachtsdorf verteilt sind und nicht nur im Eingangsbereich aufgestellt wurden.
Und der Plan geht auf. Der Butterkuchen, frisch aus dem Ofen, wird den Verkäufern fast aus den Händen gerissen. Rainer Girrulat sagt: „Das Weihnachtsdorf ist sensationell gut gelungen. Hut ab, Udo.“
Balsam für Körper und Seele
Auch Silvia Röllig hat eine der Buden gemietet. Sie verkauft Kräuter-Balsam für jedes Wehwehchen: gegen Schmerzen bei Arthrose bis zur Behandlung von Erschöpfungszuständen. Linderung gibt es in der kleinen Dose für 7 Euro, die große kostet 14 Euro. „Der Markt von Udo Venema kann sich mit großen Weihnachtsmärkten messen“, sagt sie.
Am Glühweinstand schaukelt sich inzwischen die Stimmung hoch. Eine Frauengruppe stimmt spontan das Lied „O Tannenbaum“ an. Danach gibt es die nächste Runde Getränke. Ein Glühwein kostet – egal, ob weiß oder rot – 3,50 Euro.
Tschu-Tschu bringt die Gäste nach Hause
Ideal ist ein Besuch des Weihnachtsdorfes unter der Woche – für alle, die es nicht mögen, sich durch die Massen zu schieben. Familien mit Kindern haben den Vorteil, dass die Schaukeln auf dem Gelände dann frei sind und sich die Kleinen mit sichtlicher Freude durch die Lüfte schwingen können. Auch ist die Gefahr, sich im Getümmel aus den Augen zu verlieren, gering.
Stattdessen versetzt das Weihnachtsdorf seine Gäste augenblicklich in eine Welt ohne vorweihnachtlichen Stress. Ein bisschen Klönschnack mit dem ein oder anderen Bekannten und der heiße Glühwein in der Hand: Was will man mehr?
Erst wenn die Füße langsam kalt werden, ist es Zeit, die Rückfahrt mit der Tschu-Tschu-Bahn anzutreten. An diesem Abend sitzen zwölf Leute im Abteil. Die Wetteraussichten für die kommenden Tage sind übrigens hervorragend: Es soll trocken und kalt bleiben, eine Garantie für sternenklaren Himmel beim nächsten Ausflug nach Abbehausen.