Da ist nichts zu sehen. Glauben Sie nicht, was man Ihnen weiß machen will. Es gibt immer mehr zu sehen. Zwei Menschen sehen, denken, fühlen selten dasselbe. Machen Sie den Test. Besuchen Sie unabhängig voneinander dasselbe Planquadrat.
Ein Mikroabenteuer besonderer Art ist die Erkundung eines willkürlich gewählten Planquadrates. Zur Vorbereitung braucht es am besten eine Karte der Heimat. Der empfohlene Maßstab liegt bei 1: 25 000. Je größer der Maßstab, desto mehr Details. Nun muss ein Planquadrat gewählt werden. Machen Sie nicht zu viel Zirkus draus. Würfeln Sie die Zahlenkoordinaten zusammen oder landen Sie im Blindflug mit dem Finger auf der Karte, fertig.
Für mein Beispiel diente die topografische Karte des LGNL (Landesamt für Geoinformation und Landvermessung Niedersachsen) mit der Nummer 2516/ Nordenham als Orientierung. Die Zahlen 61/24 bezeichnen das etwa ein Quadratkilometer große Feld. Es erstreckt sich über die Abschnitte von drei Bauernwegen zwischen Esenshamm und Abbehausen. An den Eckpunkten liegen private Höfe, links und rechts grüne Wiese. Genau dieses Gebiet wird umgehend besucht.
Die Fahrt ins Blaue hat es in sich
Der Himmel ist knallblau an diesem 21. Mai. Was sagt mir die Farbe Blau? Blau sein. Zugegeben, nicht weit hergeholt. Zu meiner Entschuldigung kann ich sagen, es ist kurz nach den Mai-Feiertagen. Lassen wir den lieben Gott einen blauen Mann sein. Blaumänner und – röcke. Von schick bis praktisch. Ich schweife ab. Einfach ins Blaue fahren. Das machen wir jetzt. Ein Ausflug ins Lala-Land. Das Ganze mit gesetzten Ecken und Kanten.
Die Chance, ein ländliches Planquadrat auf der Nordenhamer Karte 2516 zu erwischen, ist relativ groß. Sie bilden das Pendant zur Fußgängerzone mit ihren endlosen Schaufenstern. Das Abenteuer liegt diesmal am Wegesrand. Gucken Sie wie ein Kind ins Grüne und fragen Sie sich: wieso, weshalb, warum?
Runter von der Straße
Warum ist Straßenbelag mal hell- mal dunkelgrau? Frischer Asphalt ist meistens tiefschwarz. Schwarz deutet auf einen hohen Anteil des Bindemittels Bitumen hin. Je mehr Autos über die Straße fahren, desto heller wird die Farbe. Die Reifen tragen den Belag ab und lassen die Zuschlagstoffe (wie Kies und Sand) durchscheinen.
Bauernwege sind offensichtlich gebeutelte Straßen. Sie werden nur notdürftig geflickt und weiter befahren, was das Zeug hält. So wie diese Straße sehen die meisten in der Wisch aus. Radfahrer und Fußgänger sind klar im Nachteil. Breite und Beschaffenheit der Fahrbahn zwingen jeden Lebenswilligen beim Anrücken eines Autos auf die Berme. Andererseits bietet das Asphalt-Muster, wie jede Wolkenkonstellation, die Möglichkeit Figuren, Tiere oder Gesichter zu erkennen.
Vögel und Handwerker haben einiges gemeinsam
Auf einer der Wiesen zur Linken liegt ein Wäldchen mit einem Hochsitz. Ich streife durch das Gras, ein Reh flieht. In einigen Baumkronen sind Nester zu erkennen. Es ist Brut- und Setzzeit. An der Bauweise der Nester lässt sich der Vogeltyp festmachen. Wie geht man zur Identifizierung vor?
Zunächst muss ausgeschlossen werden, dass es sich um verhaspelte Misteln handelt. Denn dann gilt: Küssen sich zwei unterm Mistelzweig, werden sie ein glückliches Paar. Die Frau darf übrigens den Kuss nicht ablehnen, wenn sie unter dem Zweig steht. Wahrscheinlich eine Regel aus längst vergangenen Zeiten. Ist es eindeutig ein Nest, dann geben Höhe, Größe und Material Aufschluss über seinen Bewohner.
Den Namen der Nestkategorien nach leben ganze Handwerkergruppen unter den Vögeln. Da gibt es Zimmerer, Meissler, Maurer, Schneider, Korbmacher, Weber und Schaufler. Ein typischer Schneider stellt sein Nest durch Zusammennähen der Blätter her. Am geläufigsten sind napfförmige Nester. Singvögel bevorzugen diese Bauart. Das nach oben offene Nest erlaubt den Tieren bei Gefahr eine schnelle Flucht.
Wenn es schlammig wird, liegen Sie falsch
Auch die Größe des Nestes spielt bei manchen Arten eine wichtige Rolle. Beutelmeisenweibchen bevorzugen als Partner das Männchen, welches sein Nest großzügig anlegt. Bei den Webervögeln sind die Herren mit Hang zu komplizierten Techniken klar im Vorteil.
Eine platte Form, aus lose zusammengepacktem Material, kann den großen Wasserbrütern, wie Reihern und Schwänen, zugeordnet werden. Wer dagegen eine schlammige Erdmulde findet, könnte weiter südlich auf Flamingos gestoßen sein. Dann wurde das angegebene Planquadrat mit Sicherheit verlassen. Lautes Pfeifen und Buhrufe. Zurück an den Start. Übung wiederholen.
Sehen Sie, so funktioniert die Chose. Was entdecken Sie in Ihrem Planquadrat? Schreiben Sie mir gern, wenn Sie eine Weile im Quadrat gesprungen und dementsprechend bewandert sind.