Es ist dieser Tage so ruhig, dass ich auf der Stelle trete. Der Fussboden ist schon ganz platt gewalzt. Ich frage Freunde, wie sie mit der überflüssigen Pause umgehen. Einer, der gewöhnlich auch gern und viel reist, zieht sich in die vier Wände mit seiner Plattensammlung zurück und schaut Netflix. Ein anderer, seines Zeichens Fotograf, erstellt einen Webshop für Postkarten und Motive, er lernt SEO. Der Dritte muss aus familiären Gründen regelmässig nach Polen und danach in Quarantäne.
Ich habe mir im Überschwang einen Trockenanzug bei Ebay Kleinanzeigen gekauft. Ein Trockenanzug ist im Grunde eine Plastikhülle mit engen Gummibündchen die den Körper bei Sport auf dem Wasser trocken/warm halten soll. Ich wollte damit im Januar paddeln gehen. Der Anzug kam, eingermaßen passen tat er auch, aber ich konnte beim besten Willen nicht mit dem Gummizug am Hals leben. Ich leide an Platzangst und spontanem Würgereiz. Also wurde das Teil postwendend inseriert. Morgen geht er an die neue Besitzerin. Ebay ist herrlich.
Als gute Tat habe ich eine Zeichnung nach Nepal verschenkt. 2017 lernte ich in Pokhara einen Maler kennen, der gern dieses Bild gekauft hätte. Die Transaktion ging ins Leere, da wir uns zur Übergabe der Ware, für den folgenden Tag verabredet hatten. Am Vorabend stellten mein damaliger Freund und ich jedoch fest, dass wir fluchtartig abreisen müssen, um unseren Flug nach Thailand zu erwischen. Das Einzige was mir blieb, war dem Maler eine Nachricht zu schreiben die damals sehr merkwürdig geklungen haben muss. Da wir sporadisch Kontakt halten, habe ich ihn gefragt, ob er die Zeichnung noch haben möchte.
Man kommt also auf allerlei sinnige und unsinnige Ideen. Ich habe definitiv Fernweh. Eines meiner neuen Lieblingsbücher ist, „As I walked out one Midsummer Morning“ von Laurie Lee, geschrieben 1935. Es ist ein Reisebericht, der es in sich hat. Der junge Lee verlässt erstmalig sein Dorf in England um mit seiner Violine auf die Walz zu gehen. Er landet in Spanien (dahin gelangt er per Fuß und Anhalter). Ein Jahr lang wandert er durch die Lande und schläft im Freien, oder wo sich eine günstige Gelegenheit bietet. Er nimmt Stellen als Hilfsarbeiter an, fidelt und beobachtet. Die Welt, die er erlebt, ist vollkommmen unsentimental, teilweise roh. Um Musik auf den öffentlichen Plätzen spielen zu dürfen, braucht Lee eine Genehmigung. Die bekommt er im Rathaus. Der Bürgermeister ist erst kürzlich ins Irrenhaus gekommen, der selbstgewählte Vertreter stellt ihm einen handgeschriebenen Zettel aus. Reine Anarchie. Die Menschen die Lee trifft, sind meistens arm. Familien, die ihm die Tochter für die Nacht anbieten. Fischer, die so wenig fangen, dass sie lieber gleich trinken gehen, statt sich um den Verkauf zu kümmern. Bevor der spanische Bürgerkrieg ausbricht, kann Lee mit einem britischen Boot das Land verlassen.
Das nächste Buch wird „On roads that echo“ sein. Ein Bericht, wieder von einem Briten, über seine Radtour durch Asien und Teile Afrikas.
Wie geht es weiter? Im Ebay Paket war auch ein Neoprenanzug (den sollte ich, weiß Gott wie, UNTER dem Trockenanzug tragen…). Ich habe ihn behalten. Die Erprobung steht noch aus. Ich berichte…