Schleswig Holstein, meerumschlungen

Eine 10-tägige Reise im Auto, mit Übernachtung auf den Höfen von Landvergnügen-Anbietern (LV). Wenig Text, viele Bilder. Irgendwie erschlägt mich die Vielzahl an Erlebnissen.


Mit der Elb-Fähre von Cuxhaven nach Brunsbüttel, Auto abstellen, Sonne an Deck genießen. Vorteil dieser Streckenwahl ist, dass die Überfahrt zu einer bestimmten Uhrzeit gebucht werden kann. Wartezeit entfällt, und nach etwa einer Stunde erreicht man Schleswig Holstein.

Wir fahren bis Marne, zum ersten LV-Stop bei Bäcker Kalle. Der Laden liegt im Industriegebiet, der Stellplatz ist eine Wiese, inklusive WC/Dusche. Kein besonders interessanter Ort, aber sauber und nett. Wir gehen eine Runde durchs Örtchen und essen beim Chinesen im Hofgarten. Die siebenjährige Tochter der Inhaber langweilt sich und führt uns ihre Kunststücke auf dem Trampolin vor.

Marne

Das Wetter ist wechselhaft. Eine Regenfront zieht über Schleswig Holstein, und wir sind mitten drin. Wir fahren nach Friedrichstadt. 1621 von Herzog Friedrich III gegründet, galt die Stadt durch ihre Religionsfreiheit, als Ort der Toleranz der viele verschiedene Gruppen anzog. Das Örtchen hat einen niederländischen Einschlag, ist durchzogen von Kanälen, und wäre sehr idyllisch, wenn es nicht so verdammt viel regnen würde. 

Bei einer Kaffeepause googlen wir Schwimmbäder als Alternativprogramm. Husum hat eins, leider schliesst es über die Mittagszeit. Die zu überbrückenden Stunden sitzen wir in Husum im Auto ab, da es inzwischen gießt…Manchmal nerven die Möglichkeiten der digitalen Welt, aber heute bin ich froh über Podcasts und meinen IPad. Nachmittags sind wir pünktlich am Bad. Es zeigt sich, dass auch andere die selbe Idee hatten.

Weiter geht’s zum Nachtquartier in Bergenhüsen. Manfreds Familie bewirtschaftet einen Milchkuhhof. Ich melde uns an der Haustür, er steigt aufs Rad und fährt voraus zum Stellplatz. Das Waschbecken liegt auf dem Weg in den Kuhstall, die Toilette tiefer im Gebäude. Der Raum dient gleichzeitig als Büro für die digitalen Notizen zu Besamungsdaten und Kälbergeburt. In der Ecke das WC, praktischerweise im Stall, dann musste ein Büro her, das wurde kurzerhand mit einquartiert.

Bergenhüsen gilt als Storchendorf. Mitte März kehren die Vögel jedes Jahr zurück. Sie besetzten ihre tradtitionellen Nester und warten auf ihren Partner. Nach der Aufzucht der Jungen, machen sie sich im August wieder auf den Weg gen Süden.

Die Tafeln an den Nistplätzen dokumentieren An,-und Abflug der Störche

Der Tag war recht vollgepackt und so wandeln wir bald ins Bett. Allerdings wird unser Schlaf unterbrochen, als um Mitternacht ein mehrere Tonnen schweres Geschoss auf den Hof kracht und Milch abpumpt. Ein echter Bauer schläft eben nie.

Sonntag ist der große Tag der Grenzüberquerung nach Dänemark. Thorsten recherchiert seit Tagen die sich verändernden Corona Regeln. Ungeimpfte haben nichts mehr zu lachen. Die aufzufindenden Schriften im Netz sind recht verschlungen. Auch im Nolde Museum, in Neukirchen, nahe der Grenze, kann uns niemand eindeutig beantworten was wir tun und lassen müssen.

Der Garten des Malers Emil Nolde ist ein Tip einer meiner Kundinnen. Nolde notiert, dass er die Anlage aus den Anfangsbuchstaben seiner Frau Ada, also A, und seines Namens, Emil, zusammengesetzt hat. AE, dazwischen ein Teich, das ist der Grundriss. Das Ganze entpuppt sich als Ansammlung blühenden Allerleis. Die Form AE ist kaum zu erkennen, ich bin enttäuscht von so viel Tamtam um fast nichts. Nolde ist vor 70 Jahren verstorben und aus dem Hof mit Garten und Atelier wurde ein Infozentrum, plus Café und Souvenirshop.

Vom Dorf Rosenkranz geht es unbeachtet rüber nach Dänemark. Weil wir nicht wissen wo wir hin wollen, beschließen wir eine Pause im erst besten Café einzulegen und trinken zwei kleine Bier. Fünfzehn Euro kostet uns das. Nach einem halb verregneten Spaziergang um den See kommen wir zu dem Fazit, dass es in Schleswig Holstein schöner ist. 

Hier gings zu Fuß über die Grenze
Erstes und letztes Bier in Dänemark

In Bögelhuus, nur 200m vom Grenzstreifen entfernt, finden wir einen Landvergnügen-Hof. Sie haben für uns einen  “Notstellplatz”(dh sie sind ausgebucht, lassen uns aber anreisen). Es ist einer der schönsten Plätze die wir bisher bekommen haben. Wir stehen allein im Garten und dürfen bei Regen in die Scheune fahren.

Bögelhuus

Die Gastgeber berichten vom Handel mit der Landvergnügen App. Da die Vignetten begrenzt sind, wird es zur Praxis, dass manch einer die Hefte stapelweise aufkauft und teuer anbietet. Haben wir auch erlebt…nervt definitiv.

Hartmut hat den elterlichen Betrieb übernommen. Die ehemals 100 Rinder sind inzwischen auf 40 reduziert. Jedes Jahr wird eins geschlachtet und die Besucher des Hofes reißen es dem Landwirt aus den Händen. Die Bewohner der Umgegend bleiben dagegen skeptisch. Da wird lieber geredet, als probiert, sagt er. Für uns ist der Hof ein Highlight- super nette Gastgeber die sehr innovativ Bioland-zertifiziert arbeiten.

Sonntag fahren wir an die Geltinger Bucht. Die Ostsee strahlt in grün und blau… Die Bucht wird im Wanderverlauf zum Naturschutzgebiet Birk. Endlose Weiten mit viel Wasser, schwer zu fotografieren. Wir würden gern die Nacht in einer Pension vor Ort verbringen, da kein LV Hof hier eine Übernachtung anbietet. Fehlanzeige.

Geltinger BIrk, Wanderweg entlang der Ostsee

Wir wollen in der Nähe der Ostsee bleiben und durchstreifen mit dem Auto die Straßen von Süderbarup. Ich finde einen Stellplatz unter einem Windrad der Thorsten nicht gefällt. Auch ein Feldweg wird abgelehnt, da der Bauer am Morgen anklopfen könnte. Ich bin genervt, Thorsten sucht, und wir finden eine Wiese am Ende einer Sackgasse neben verlassenen Bahnschienen. 

Am Morgen fahren wir rüber nach Kappeln was sich als nette Fußgängerzone, mit Hafen der Reichen und Schönen, entpuppt.

Wir bleiben nicht allzu lang und erreichen LV Hof 9, eine Ziegenkäserei. Die Familie stellt Käse in Eigenproduktion her. Die Tiere geben 1-2 Liter Milch am Tag und werden etwa für fünf Jahre gemolken, danach bleibt ihr Schicksal ungewiss.

Bei Sonnenuntergang und Blick auf die Wiese fachsimpeln wir mit den Camper-Nachbarn über die Preisvorstellungen der unterschiedlichen LV-Anbieter.

Sie geben uns den Tip in Arnis, der kleinsten Stadt Deutschlands, den Hafenmeister der Marina anzurufen. Tatsächlich bekommen wir mit unserem Auto eine Übernachtungsmöglichkeit direkt am Wasser. Wir buchen zwei Tage.

Arnis kleiner Hafen an der Schlei

In Arnis steht das erste Windtelefon Deutschlands. Die Idee stammt aus Japan. Als der Japaner Itaru Sasaki seinen geliebten Cousin verlor, kaufte er eine alte Zelle und stellte sie in seinem Garten auf. Täglich “telefonierte” er nun mit dem Verstorbenen. 2011 verwüstete der Tsunami das Kernkraftwerk bei Fukushima. In Folge des Unglücks starben mehr als 19.000 Menschen. Von nun an kamen viele Fremde, die Angehörige verloren hatten, zu Sasaki um seine Zelle zu nutzen.

Das Windtelefon

Im Yachthafen leihen wir uns zwei Fahrräder und nehmen die Fähre von Arnis nach Karlsburg. Wir queren das Land zur Ostsee. Die Wege entlang der Küste sind schmal und holprig. Mein Rad hat einen rostigen Gepäckkorb, der verschwindet bei der Fahrt über Stock und Stein irgendwann im Nirgendwo.

Den Folgetag laufen wir bis zum Campingplatz in Karschau. Auf einem Seitenweg sehen wir hinter Bauten die Schlei. Ein unbewohnt aussehendes Haus hat eine wacklige Stiege zum Ufer hinab. Unten ist ein breiter Grasstreifen gemäht. Der Pfad wird schmaler und matschig, er endet zwischen Kuhweiden. Auf nicht vorhandenen Wegen finden wir zur Straße zurück. 

Freitag landen wir zuerst In Sehlendorf an der Ostsee. Das Meer hat definitiv seinen Reiz. Auch, wenn ich überfüllte Strände nicht leiden kann, kommt einen Moment ein echtes Fern-Urlaubs-Gefühl auf.

In Flehm sind wir die einzigen Gäste auf dem Resthof. Der Bauer hat den Hof seiner Eltern übernommen, dann 2009 das Handtuch geschmissen. Zuviel Stress und schlechtes Auskommen. Er arbeitet seitdem bei Edeka als Mann für alles. Auf dem Weizenfeld unter uns wird gemäht und gedroschen. Die Maschine trennt das Stroh vom Weizen, alles vollautomatisch. So ein Gerät kostet etwa 140.000€. Das muss sich ein Landwirt erstmal leisten können und wollen.

Abends ziehen wieder dicke Wolken auf. Wir haben das Glück mit der Heckklappe des Wagens bis unter den alten Milchunterstand fahren zu können. Statt Spaziergang gucken wir “Vikings” auf dem Tablett.

Autokino

Samstag ist der vorletzte Tag, und es geht in die Mitte SHs auf einen Ponyhof. Malus und ihr Mann bieten von Ponyreiten, über Kosmetik bis zur Hüpfburg alles an. Wir schlendern durch den Haalener Forst. Sonntag stellt sich heraus, dass die Elbfähre technische Schwierigkeiten hat und nicht fährt. Wir disponieren um und machen uns auf den Weg nach Glückstadt. Dort warten natürlich auch alle anderen auf eine Überfahrt…

So war es geplant:——.

&

So kam es: -;//-_/“!

Der lange Weg nach Hause

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